13.05.2004 - Aus für Niederdeutsch-Lehrstuhl in Göttingen
 
        PLATTNET-Nachrichten - 13.05.2004 - 2
 
Kaum noch Chancen für Niederdeutsch-Lehrstuhl in Göttingen
 
Vom Plattdütskbüro der Ostfriesischen Landschaft wurde uns der folgende Protokollauszug aus der Plenarsitzung des Niedersächsischen Landtags vom 30.04.2004 übermittelt: Kleine Anfrage des MdL Möhrmann zur Zukunft des Niederdeutsch-Lehrstuhls an der Universität Göttingen
 
     Georg-August-Universität Göttingen
 
Antwort
des Ministeriums für Wissenschaft und Kultur auf die Frage 22 des Abg. Dieter Möhrmann (SPD):

Tokunft vun dan Liehrstohl för Plattdüütsche Spraak un Literatur an de Uni Göttingen
So as dat an'n 22. März 2004 in de Nordwest Zeitung Swatt op Witt stahen hett, süht Wissenschaftsminister Lutz Stratmann keen Utsicht mehr, dat de Liehrstohl för Plattdüütsche Spraak un Literatur an de Uni Göttingen wieterföhrt waren kann, wenn Prof. Dr. Dieter Stellmacher emeritiert warden deit.
Betlang hett Minister Stratmann gegenoever den Niedersächsischen Heimatbund den Indruck opkaamen laaten, dat disse Professur wieterföhrt un nich dörch dat HOK opgeven wüür. Ok in't Plenum vun'n Landdag is dat mehrmols so seggt worden. Den Anschien nah is bi't Verhanneln oever de Zielvereenborungen mit de Uni Göttingen de Versök, den Lierstohl to Lasten vun de Hoochschool to finanzieren, nich to Stannen koomen.
Vör dissen Achtergrund fraag ik de Lannesregeeren:
1. Wat för Grünnen gifft dat för de Lannesregeeren, ehr Meenen to ännern, un woans wüll se dat, wat betlang de Lierstohl leist hett, för de plattdüütsche Spraak an't Leven hoolen?
2. Woans lett sik dat, wat de Lannesregeeren hier passeeren lett, mit de Europäisch Spraakencharta in Eenklang bringen, wo doch dat Land Niedersachsen jüst een Vörbildfunkschoon hett, de Charta ümtosetten?
3. Wat för'n Wiert hett de plattdüütsche Spraak för Neddersassen, wenn de eenzige Lierstohl op dit Rebeet streken ward, un worans wüll de Lannesregeeren dat verlooren Veitroon op dat, wat de Politik toseggt hett, bi de Lüüd op'n Land jüst so as in den Stadt wedder trügghaalen?

Die Niedersächsische Landesregierung hat am 21. Oktober 2003 für die Jahre 2004 und folgende das Hochschuloptimierungskonzept (HOK) verabschiedet, das
hinsichtlich seiner monetären Folgewirkungen vom Niedersächsischen Landtag durch die Verabschiedung des Haushalts 2004 am 13. Dezember 2003 bestätigt
wurde. Aus dem HOK ergibt sich für die Universität Göttingen folgendes:
Kürzung 2004 zusätzliche Kürzung 2005 zusätzl. Umschichtung ab 2006 Universität Göttingen (ohne Medizin) 7 Mio. ? = 156 Stellen-äquivalente 2 Mio. ? =
45 Stellen-äquivalente 60 Stellen-äquivalente Bereich Humanmedizin der Univ. Göttingen 5 Mio. ? = 111 Stellen-äquivalente - 25 Stellen-äquivalente

Diese Situation führte hinsichtlich der Zukunft des Faches Niederdeutsch nach intensiven Gesprächen mit der Universität Göttingen zu folgenden Ergebnissen: Der Magisterstudiengang "Niederdeutsche Sprache und Literatur/Niederdeutsche Philologie" wird mit der im nächsten Jahr anstehenden Pensionierung von Herrn Professor Dr. Stellmacher geschlossen werden, weil der Studiengang seit einigen Jahren nur sehr wenig nachgefragt wird. So waren im Sommersemester 2003 insgesamt nur noch 16 Studierende, Nebenfach eingeschlossen, eingeschrieben.
Das große Forschungsvorhaben "Niederdeutsches Wörterbuch" wird weiterhin im Institut für Historische Landesforschung der Universität Göttingen bearbeitet. Die dafür vorhandene Wissenschaftlerstelle bleibt erhalten.
Ferner stellt die Fakultät Sachmittel und weiteres Personal zur Verfügung, damit die Arbeit am Wörterbuch kompetent fortgeführt werden kann. Die wissenschaftliche Begleitung wird Professor Dr. Stellmacher auch nach Eintritt in den Ruhestand wahrnehmen.
Die Fakultät wird in Zukunft Lehrmodule in niederdeutscher Philologie (Linguistik) anbieten. Für diese Lehre werden Lehrbeauftragte bestellt.
Inwieweit das Lehrangebot zu einem Nebenfachstudiengang ausgebaut werden kann, wird u. a. von der studentischen Nachfrage abhängen.
Weiter prüft die Universität gemeinsam mit der Wissenschaftlichen Kommission Niedersachsen die Möglichkeit, eine neue Professur für Sprachgeschichte mit
dem Schwerpunkt Niederdeutsch einzurichten. Nach Gesprächen mit Präsident Professor Dr. Kern bin ich optimistisch, dass dieses Vorhaben mittelfristig
realisiert wird.
Soweit die Einrichtung des Faches Niederdeutsch als Lehrgegenstand für das Lehramt an Grund-, Haupt- und Realschulen gewünscht wird, kann dies nicht an
der Universität Göttingen realisiert werden, da dieses Lehramt dort nicht angeboten wird. Wegen der besonderen Bedeutung der niederdeutschen Sprache
für die Region Weser-Ems wäre hier eher daran zu denken, das an der Universität Oldenburg vorhandene Niederdeutsch in der Lehramtsausbildung dauerhaft abzusichern. Ich hoffe, dass meine entsprechende Anregung aufgegriffen wird und damit die niederdeutsche Sprache nicht nur in Göttingen, sondern auch in ldenburg weiter präsent sein wird.
Vor diesem Hintergrund beantworte ich die einzelnen Fragen namens der Landesregierung folgendermaßen:
Zu 1: Die Entscheidung, die Professur für niederdeutsche Sprache und Literatur in dieser Form nicht wiederzubesetzen, ist von der Georg-August-Universität Göttingen, Stiftung öffentlichen Rechts, getroffen worden. Hinsichtlich der beschriebenen äußerst geringen Nachfrage von Studierenden ist diese Entscheidung rechtsaufsichtlich nicht zu beanstanden gewesen.
Zu 2: Bei der bereits erwähnten äußerst geringen Nachfrage erscheinen der Landesregierung die o. a. verbleibenden universitären Angebote im Niederdeutschen angemessen und dem Sinn der Europäischen Charta für Regional- und Minderheitensprachen zu entsprechen.
Zu 3: Die Landesregierung schätzt insbesondere die kulturelle Bedeutung der niederdeutschen Sprache sehr hoch ein und begrüßt daher die Bemühungen der
Universität Göttingen, eine neue Professur für Sprachgeschichte mit dem Schwerpunkt Niederdeutsch einzurichten. Das Interesse der Universität wird auch durch die Entscheidung dokumentiert, das Projekt "Niederdeutsches Wörterbuch" fortzusetzen.

 
(SPD-Landtagsfraktion, Pressestelle)
 
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