Kinder lernen kein Plattdeutsch
mehr
Umfrage ergibt dramatischen Rückgang des
Sprachbestands
Ostfriesland /
In keiner Region Norddeutschlands ist der Sprachbestand so gut dokumentiert wie
in Ostfriesland. Die Ostfriesische Landschaft führte etliche Erhebungen durch,
unterstützt u. a. auch vom Gesundheitsamt Aurich. Die neueste Vergleichsstudie
zum Sprachbestand in den Kindertagesstätten Ostfrieslands ergab, dass
Plattdeutsch in Ostfriesland dramatisch im Rückgang begriffen ist. Wenn dieser
Trend anhält, gehen der Regionalsprache auch hier, in einer der Hochburgen des
Plattdeutschen, in absehbarer Zeit die Sprecher aus.
Die Zahlen sind
wirklich Besorgnis erregend. Von 1997 bis 2006, also in nur neun Jahren,
reduzierte sich die Anzahl der Kinder, die im Elternhaus Plattdeutsch lernen, um
die Hälfte, von 9,9% auf 5,1%. Dies ist nicht in erster Linie darauf zurück zu
führen, dass junge Eltern heute weniger als 1997 bereit wären, mit ihren Kindern
Plattdeutsch zu sprechen. Der Rückgang an Platt sprechenden Kindern entspricht
zum großen Teil dem Rückgang an Sprachkontakt im häuslichen Umfeld von 43,5%
(1997) auf 26,9% (2006).
Hier spielen
mehrere Faktoren eine Rolle. Viele Kinder haben nicht mehr so regelmäßig Kontakt
zu den Platt sprechenden Großeltern, wie dies früher der Fall war. In besonderem
Maße schlägt aber wohl ein einschneidender Rückgang bei der Sprachkompetenz der
Eltern zu Buche. Vermutlich sprechen viele junge Eltern kein Platt mehr.
Zumindest haben sie es nicht als Muttersprache von klein auf gelernt, fühlen
sich in dieser Sprache entsprechend unsicher und wählen folgerichtig das
Hochdeutsche für den Umgang mit ihren Kindern.
„Jahrelang
herrschte der Irrglaube, dass Kinder, die im Elternhaus kein Plattdeutsch
lernen, es schon noch irgendwie auf der Straße oder im Beruf lernen werden“,
kommentiert Cornelia Nath von der Ostfriesischen Landschaft die Zahlen. „Nun
zeigt sich, dass dies nicht funktioniert. Jede Sprache braucht Muttersprachler,
also Menschen, die in dieser Sprache aufwachsen. 5,1% Kinder, die die Sprache im
Elternhaus lernen, sind zu wenig für den Erhalt des Plattdeutschen.“
Der
hauptsächliche Einbruch bei der Frage nach einem plattdeutschen häuslichen
Umfeld der Kinder ist in den ländlichen Gebieten zu verzeichnen (von 51,4% auf
30,8%), während sich die Lage in den Städten stabil gehalten hat. Es findet also
eine Angleichung der ländlichen Gebiete an die Städte statt.
Bei der Frage
danach, wieviele von den Kindern, deren häusliches Umfeld plattdeutsch geprägt
ist, die Sprache auch lernen, ist der Rückgang insgesamt nicht so stark, doch
auch hier haben vor allem die Gebiete, die 1997 noch besonders hohe Zahlen
aufwiesen, nämlich Aurich und Norden, erheblich an Boden verloren. Das
vorhandene plattdeutsche Sprachpotential der jungen Eltern wird nur zu 18,9% an
die Kinder weitergegeben. Dies bedeutet, dass Ostfriesland die Chancen, die in
der frühen Zweisprachigkeit liegen, aufgrund überholter Vorurteile gegenüber dem
Plattdeutschen noch immer weitgehend ignoriert. Hier müssten von allen Seiten
noch mehr Anstrengungen unternommen werden, in die öffentliche Diskussion
einzugreifen.
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