08.09.2006 - (6111) Kinder lernen kein Plattdeutsch mehr
 
        PLATTNET-Nachrichten - 08.09.2006 - 1
 
           
                                            
   

Kinder lernen kein Plattdeutsch mehr

Umfrage ergibt dramatischen Rückgang des Sprachbestands

 

Ostfriesland / In keiner Region Norddeutschlands ist der Sprachbestand so gut dokumentiert wie in Ostfriesland. Die Ostfriesische Landschaft führte etliche Erhebungen durch, unterstützt u. a. auch vom Gesundheitsamt Aurich. Die neueste Vergleichsstudie zum Sprachbestand in den Kindertagesstätten Ostfrieslands ergab, dass Plattdeutsch in Ostfriesland dramatisch im Rückgang begriffen ist. Wenn dieser Trend anhält, gehen der Regionalsprache auch hier, in einer der Hochburgen des Plattdeutschen, in absehbarer Zeit die Sprecher aus.

 

Die Zahlen sind wirklich Besorgnis erregend. Von 1997 bis 2006, also in nur neun Jahren, reduzierte sich die Anzahl der Kinder, die im Elternhaus Plattdeutsch lernen, um die Hälfte, von 9,9% auf 5,1%. Dies ist nicht in erster Linie darauf zurück zu führen, dass junge Eltern heute weniger als 1997 bereit wären, mit ihren Kindern Plattdeutsch zu sprechen. Der Rückgang an Platt sprechenden Kindern entspricht zum großen Teil dem Rückgang an Sprachkontakt im häuslichen Umfeld von 43,5% (1997) auf 26,9% (2006).

 

Hier spielen mehrere Faktoren eine Rolle. Viele Kinder haben nicht mehr so regelmäßig Kontakt zu den Platt sprechenden Großeltern, wie dies früher der Fall war. In besonderem Maße schlägt aber wohl ein einschneidender Rückgang bei der Sprachkompetenz der Eltern zu Buche. Vermutlich sprechen viele junge Eltern kein Platt mehr. Zumindest haben sie es nicht als Muttersprache von klein auf gelernt, fühlen sich in dieser Sprache entsprechend unsicher und wählen folgerichtig das Hochdeutsche für den Umgang mit ihren Kindern.

 

„Jahrelang herrschte der Irrglaube, dass Kinder, die im Elternhaus kein Plattdeutsch lernen, es schon noch irgendwie auf der Straße oder im Beruf lernen werden“, kommentiert Cornelia Nath von der Ostfriesischen Landschaft die Zahlen. „Nun zeigt sich, dass dies nicht funktioniert. Jede Sprache braucht Muttersprachler, also Menschen, die in dieser Sprache aufwachsen. 5,1% Kinder, die die Sprache im Elternhaus lernen, sind zu wenig für den Erhalt des Plattdeutschen.“

 

Der hauptsächliche Einbruch bei der Frage nach einem plattdeutschen häuslichen Umfeld der Kinder ist in den ländlichen Gebieten zu verzeichnen (von 51,4% auf 30,8%), während sich die Lage in den Städten stabil gehalten hat. Es findet also eine Angleichung der ländlichen Gebiete an die Städte statt.

 

Bei der Frage danach, wieviele von den Kindern, deren häusliches Umfeld plattdeutsch geprägt ist, die Sprache auch lernen, ist der Rückgang insgesamt nicht so stark, doch auch hier haben vor allem die Gebiete, die 1997 noch besonders hohe Zahlen aufwiesen, nämlich Aurich und Norden, erheblich an Boden verloren. Das vorhandene plattdeutsche Sprachpotential der jungen Eltern wird nur zu 18,9% an die Kinder weitergegeben. Dies bedeutet, dass Ostfriesland die Chancen, die in der frühen Zweisprachigkeit liegen, aufgrund überholter Vorurteile gegenüber dem Plattdeutschen noch immer weitgehend ignoriert. Hier müssten von allen Seiten noch mehr Anstrengungen unternommen werden, in die öffentliche Diskussion einzugreifen.

 

(Plattdütskbüro der Ostfriesischen Landschaft www.ostfriesischelandschaft.de)    

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