10.12.2006 - (6176) Hamburgisches Wörterbuch mit 40.000 Stichwörtern vollendet
 
       PLATTNET-Nachrichten - 10.12.2006 - 1
 
 
                          
 

Hamburgisches Wörterbuch mit 40.000 Stichwörtern vollendet

 

Nach 90-jähriger Publikationsgeschichte ist das Hamburgische Wörterbuch vollendet.

In einer Feierstunde am 6. Dezember wurde das Gesamtwerk der Öffentlichkeit präsentiert.

 

Als 1917 Conrad Borchling und Agathe Lasch die Arbeitsstelle Hamburgisches Wörterbuch gründeten, konnte niemand ahnen, welch umfangreiches Unterfangen vor ihnen lag und welch tragische Wendungen es in der Publikationsgeschichte geben würde. Wenn heute die Vollendung dieses Mammutunternehmens mit 5 stolzen Bänden, rund 2600 Seiten und mehr als 40.000 Stichwörtern zu Recht gefeiert wird, so bleibt auch das Werk und Schicksal von Agathe Lasch unvergessen.

 

Agathe Lasch, die erste Professorin an der Universität Hamburg, war die wesentliche Kraft in der Startphase des Projektes. Sie verzettelte das Wörterbuchmanuskript aus dem Nachlass von Christoph Walther, machte Fragebogenerhebungen und führte Interviews mit Zeitzeugen durch. Sie warb überall für das Unternehmen. Zeitungen und Zeitschriften berichteten bereitwillig über das ehrgeizige Projekt. Die Wende kam jedoch mit der Nazizeit in Deutschland. 1934 musste Agathe Lasch wegen ihres jüdischen Glaubens den Staatsdienst verlassen. Sie wurde 1942 in einem KZ ermordet.

 

Ihr Nachfolger, Hans Teske, wurde im Krieg eingezogen und blieb vermisst. Vor allem seine freiwillige Mitarbeiterin, Käte Scheel, sorgte sich in dieser Zeit um das Material und ergänzte es. Sie wurde auch die erste Bearbeiterin des Wörterbuchs, dessen sukzessive Veröffentlichung 1956 begann. 1978 übernahm Jürgen Meier die Arbeitsstelle, zusammen mit Dieter Möhn. Seit dem Jahr 2000 gab er das Werk zusammen mit Beate Hennig heraus. Jetzt konnte es abgeschlossen werden.

 

Aus einer Zettelsammlung von mehr als einer Million Belege haben Hennig und Meier den Löwenanteil der rund 40.000 aufgeführten Stichwörter ausgewählt.

 

Das Wörterbuch enthält ausschließlich Wörter aus dem Bereich des Hamburger Staatsgebietes. Dabei spielt der Bereich des Hafens, der Hafenwirtschaft und des Handels naturgemäß eine große Rolle. Man findet Bekanntes und stößt auf viele in Vergessenheit geratene Begriffe. Dass Ketelklopper Schiffskesselreiniger, die Köksch eine Köchin und der Udel ein Polizist sind, ist noch vielen geläufig, aber wie steht’s mit Baas oder Kontoorknüppel, Egenbuck oder Fleetenkiker? 

 

Insgesamt spiegelt das Wörterbuch ein gutes Stück Kulturgeschichte wider. Zu vielen Stichwörtern sind kleine Zitate angegeben. Das Stichwort Wiehnach(t)en zeigt  mit der Bedeutung ‘Weihnachtsgratifikation‘ die immerwährende Aktualität einiger Themen. Die Zitate „se kriegt goden lohn un en gooden Wiehnacht’n“ (1889) und „he bruk keen Lohn to betoahlen, keen Wiehnachten to geewen“ belegen, dass dieses Thema schon früh ganz kontorvers betrachtet wurde.  Unter dem Stichwort Tüdelband findet sich natürlich das Lied der Volkssänger Gebrüder Wolf, als Stichworte folgen Tüdelbüdel, Tüdel’ee und tüdelich, immer mit kleinen Zitaten versehen: „ganz so tüdelich, as de Jungen secht, sünd de Olen meidst doch nich“. Auch die typischen und bekannten Hamburger Eigenschaften finden sich immer wieder in den in den Zitaten, siehe „Hamburger“: „dat is noch een ohlen Hamborger, de will keen Orden drägen (1866).

 

Wer etwas lernen will über seine Stadt und ihren Sprachgebrauch, der wird in dieser Schatztruhe fündig. Die so bewegte Geschichte des Hamburgischen Wörterbuchs hat nach 90 Jahren ihr gutes Ende gefunden und präsentiert sich in 5 Bänden. Die einzelnen Seiten der Bände sind auch schon fast Geschichte. Da die Bearbeiter des Wörterbuchs immer nur in kleinen Schritten publizieren konnten, erschienen zunächst einzelne Lieferungen zu 64 Seiten. Und die 5 Bände, die heute vorgestellt werden, bestehen aus den Originallieferungen, die zwischen 1956 und 2006 erschienen sind und in Handarbeit gebunden wurden. 

 

Da das große, 5-bändige Wörterbuch wegen des Preises von 875,- Euro nur einen kleinen Leserkreis erreichen wird, haben sich Verlag und Autoren entschlossen, eine kleine „Volksausgabe“ daraus zu entwickeln. Und das Kleine Hamburgische Wörterbuch wird alle interessieren. Mit rund 6.500 Stichwörtern Plattdeutsch-Hochdeutsch und einem umfangreichen hochdeutschen Register liefert das neue Taschenwörterbuch die wichtigsten Stichwörter aus dem Sprachschatz des Hamburger Stadtstaats, und seit Richeys Idioticon Hamburgense 1743 ist es das erste komplette Taschenwörterbuch auf dem Markt. Dass die Hamburger nun für nur 14,80 Euro auf 270 Seiten bestes hamburgisches Platt erhalten, ist auch der Hamburger Sparkasse zu verdanken, die die Druckkosten des großen und kleinen Wörterbuchs seit Jahren sponsorte.

 

Hamburgisches Wörterbuch

5 Bände, Format 18 x 26 cm, 2606 S.

rund 40.000 Stichwörter

Neumünster: Wachholtz Verlag

ISBN 3-529-04603-5

875,- Euro

 

Beate Hennig und Jürgen Meier

Kleines Hamburgisches Wörterbuch

Format 12 x 20 cm, 270 S.

6.500 Stichwörter

Neumünster: Wachholtz Verlag

ISBN 3-529-04650-7

14,80 Euro

 

( Text und Abb.: Verlagsinformation) 

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