16.09.2015 - (15054) Trauer um Wolfgang Sieg
                                                    PLATTNET-Nachricht  -  16.09.2015
 

 

       

 

Trauer um Wolfgang Sieg (1936-2015)

 

(pn) Der Autor und Satiriker Wolfgang Sieg ist am vergangenen Freitag im Alter von 78 Jahren gestorben. Zunächst war er der linken Kulturszene bekannt als hochdeutsch schreibender Kolumnist der Zeitschrift „Pardon“. Mitte der sechziger Jahre erschienen seine satirischen Romane „Der Mann in der Anschlagsäule“ und „Säurekopf“. Dann wandte sich Sieg der niederdeutschen Literatur zu, mischte die sich konservativ gebende Autorenszene, z.B. im Rahmen der jährlichen Treffen in Bad Bevensen, heftig auf und wurde zum Sprachrohr der damals jungen Schriftsteller. Mit seinem Erzählband „Wahnungen“ gelang ihm das wohl bedeutsamste Werk neuer niederdeutscher Literatur, das damals (1974) erschienen ist. Gerd Spiekermann erinnert sich an die damaligen Kritiker: „Hier schrieb einer auf Platt über Obdachlose und Trinker, Gestrauchelte und Kleinkriminelle, einer, der das Milieu kannte. Unerhört!“ und „Wolfgang Sieg hatte keine Angst vor Tabus. Im Gegenteil. Am Tabubruch hatte er eine diebische Freude. Er wollte die Zuhörer und Leser treffen, ihnen auch wehtun, ihnen ihre eigene Kleinbürgerlichkeit spiegeln. Ein Moralist, ein Mahner war er – und dazu ein echter Literat, dessen Geschichten nicht zum ,Nebenbeilesen’ taugten, sondern erarbeitet werden wollten.“ (Hamburger Abendblatt am 15.9.2015) Dennoch: Das brillante plattdeutsche Erstlingswerk Wolfgang Siegs war nicht zu verkaufen, und den rebellischen Autor zu Lesungen einzuladen, das trauten sich lange Zeit nur wenige Veranstalter. Eher anerkannt waren seine zahlreichen Hörspiele, die von NDR und Radio Bremen produziert wurden.

Auch bekam der streitbare Satiriker die Gelegenheit, lange Zeit im Kreise der „Hör-mal-’n-beten-to“-Autoren im NDR Hörfunk mitzutun – bis auch dort zu oft Differenzen über die Zulässigkeit seiner provokativen Texte für Unmut sorgte. Die trug er im Namen seiner Kunstfigur Sigi Sünnschien mit überzeugend gespielter Naivität vor.  

Inzwischen hatte Wolfgang Sieg eine weitere Sprachform für sich entdeckt: das Missingsch mit umgangssprachlichen und plattdeutschen Elementen. Diese Alltagssatiren waren dann auch als Buch beim Publikum beliebt („Blutfleck auffe Häkeldecke“, „Ohlsdorf lebt“ u.a.).

Auch in seinen hochdeutschen Werken blieb sich der Autor treu: Mit „Dr. Eternus“ schuf der Oberstudienrat Sieg eine politische Schulsatire im ihm bekannten Milieu, mit dem Erzählband „Schräge Vögel“ angeblich „lauter harmlose Geschichten“ aus der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Als Mitautor war er darüberhinaus an dem satirischen Detlef-Buck-Film „Karniggels“ beteiligt und übernahm darin auch eine kleine Rolle.

Wolfgang Sieg wurde mit zahlreichen Literatur- und Kulturpreisen ausgezeichnet. Er lebte im Kreis Pinneberg (SH), war verheiratet und hatte drei Kinder, die alle künstlerische Berufe ergriffen haben.

(Volker Holm)

 

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