Trauer um Wolfgang Sieg
(1936-2015)
(pn)
Der Autor und Satiriker Wolfgang Sieg ist am vergangenen Freitag im Alter von 78
Jahren gestorben. Zunächst war er der linken Kulturszene bekannt als hochdeutsch
schreibender Kolumnist der Zeitschrift „Pardon“. Mitte der sechziger Jahre
erschienen seine satirischen Romane „Der Mann in der Anschlagsäule“ und
„Säurekopf“. Dann wandte sich Sieg der niederdeutschen Literatur zu, mischte die
sich konservativ gebende Autorenszene, z.B. im Rahmen der jährlichen Treffen in
Bad Bevensen, heftig auf und wurde zum Sprachrohr der damals jungen
Schriftsteller. Mit seinem Erzählband „Wahnungen“ gelang ihm das wohl
bedeutsamste Werk neuer niederdeutscher Literatur, das damals (1974) erschienen
ist. Gerd Spiekermann erinnert sich an die damaligen Kritiker: „Hier schrieb
einer auf Platt über Obdachlose und Trinker, Gestrauchelte und Kleinkriminelle,
einer, der das Milieu kannte. Unerhört!“ und „Wolfgang Sieg hatte keine Angst
vor Tabus. Im Gegenteil. Am Tabubruch hatte er eine diebische Freude. Er wollte
die Zuhörer und Leser treffen, ihnen auch wehtun, ihnen ihre eigene
Kleinbürgerlichkeit spiegeln. Ein Moralist, ein Mahner war er – und dazu ein
echter Literat, dessen Geschichten nicht zum ,Nebenbeilesen’ taugten, sondern
erarbeitet werden wollten.“ (Hamburger
Abendblatt am 15.9.2015) Dennoch: Das brillante plattdeutsche
Erstlingswerk Wolfgang Siegs war nicht zu verkaufen, und den rebellischen Autor
zu Lesungen einzuladen, das trauten sich lange Zeit nur wenige Veranstalter.
Eher anerkannt waren seine zahlreichen Hörspiele, die von NDR und Radio Bremen
produziert wurden.
Auch
bekam der streitbare Satiriker die Gelegenheit, lange Zeit im Kreise der
„Hör-mal-’n-beten-to“-Autoren im NDR Hörfunk mitzutun – bis auch dort zu oft
Differenzen über die Zulässigkeit seiner provokativen Texte für Unmut sorgte.
Die trug er im Namen seiner Kunstfigur Sigi Sünnschien mit überzeugend
gespielter Naivität vor.
Inzwischen
hatte Wolfgang Sieg eine weitere Sprachform für sich entdeckt: das Missingsch
mit umgangssprachlichen und plattdeutschen Elementen. Diese Alltagssatiren waren
dann auch als Buch beim Publikum beliebt („Blutfleck auffe Häkeldecke“,
„Ohlsdorf lebt“ u.a.).
Auch
in seinen hochdeutschen Werken blieb sich der Autor treu: Mit „Dr. Eternus“
schuf der Oberstudienrat Sieg eine politische Schulsatire im ihm bekannten
Milieu, mit dem Erzählband „Schräge Vögel“ angeblich „lauter harmlose
Geschichten“ aus der gesellschaftlichen Wirklichkeit. Als Mitautor war er
darüberhinaus an dem satirischen Detlef-Buck-Film „Karniggels“ beteiligt und
übernahm darin auch eine kleine Rolle.
Wolfgang Sieg wurde mit zahlreichen Literatur- und Kulturpreisen ausgezeichnet. Er lebte im Kreis Pinneberg (SH), war verheiratet und hatte drei Kinder, die alle künstlerische Berufe ergriffen haben.
(Volker Holm)
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